Rechtsanwalt Tobias Ziegler Flurstraße 17, 40235 Düsseldorf
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Der Aufhebungsvertrag - Wie hart darf der Arbeitgeber verhandeln?

Bei den Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag gelten grundlegende Regeln der Fairness. Dies beutetet aber nicht, dass der Arbeitgeber keinerlei Druck ausüben darf. Der Arbeitgeber darf mit einer Kündigung und einer Strafanzeige drohen, sollte der Arbeitnehmer den Aufhebungsvertrag nicht sofort unterschreiben. So entschied jüngst das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 24. Februar 2022 – 6 AZR 333/21).

1. Darum ging es in dem Verfahren

Die Klägerin des Verfahrens war eine Arbeitnehmerin, die in einem Unternehmen für den Verkauf von Haustechnik zuständig war. Ihr Arbeitgeber beschuldigte sie, Einkaufspreise im EDV-System des Unternehmens verringert zu haben, um den von ihr erzielten Verkaufsgewinn höher aussehen zu lassen.

In einem Gespräch konfrontierte die Personalleitung die Arbeitnehmerin mit dem Vorwurf und drängte sie zur sofortigen Unterschrift eines Aufhebungsvertrages. Andernfalls werde Strafanzeige erstattet und außerordentlich gekündigt. Bedenkzeit wurde der Mitarbeiterin nicht gewährt.

Die Arbeitnehmerin erklärte kurz nach dem Gespräch die Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen widerrechtlicher Drohung. Außerdem berief sie sich auf das Gebot fairen Verhandelns, das hier verletzt worden sei.


2. Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG entschied zugunsten des Arbeitgebers, dass der Aufhebungsvertrag Bestand habe. Die Grenzen zur widerrechtlichen Drohung und zum unfairen Verhandeln im Rechtssinne seien nicht überschritten.

Eine Drohung sei zwar erfolgt, aber nicht widerrechtlich. Ein verständiger Arbeitgeber dürfe unter den hier gegebenen Umständen nämlich eine Strafanzeige und eine außerordentliche Kündigung in Erwägung ziehen.

Das Gebot des fairen Verhandelns sei zudem erst verletzt, wenn der Arbeitnehmer in eine psychische Notsituation versetzt werde und seine Entscheidungsfreiheit nicht mehr gegeben sei. Das sei aber noch nicht der Fall, wenn eine Entscheidung ohne Bedenkzeit verlangt werde. Eine sofortige Entscheidung über ein Vertragsangebot sei nämlich unter Anwesenden gesetzlich vorgesehen, § 147 I S. 1 BGB.


3. Fazit

- Der Arbeitgeber muss grundsätzlich keine Bedenkzeit für die Unterschrift eines Aufhebungsvertrags gewähren.

- Der Arbeitgeber darf eine außerordentliche Kündigung und sogar eine Strafanzeige androhen, wenn tatsächlich ein schweres Fehlverhalten im Raum steht.

Tipp:
Ich rate dazu, einen Aufhebungsvertrag in jedem Fall anwaltlich prüfen zu lassen. Andernfalls drohen Ihnen erhebliche Nachteile, die meist unumkehrbar sind. Der Fall zeigt dies eindrücklich. Lassen Sie sich daher nicht unter Druck setzen und unterschreiben Sie nicht sofort.


4. Zum Hintergrund: Wie können Aufhebungsverträge rückgängig gemacht werden?

Ein Aufhebungsvertrag stellt eine einvernehmliche Alternative zu einer Kündigung dar. Er kann für beide Seiten günstig sein, in der Regel überwiegen aber die Vorteile des Arbeitgebers. Will der Arbeitnehmer sich im Nachhinein vom Vertrag lösen und das Arbeitsverhältnis wiederherstellen, sind ihm oft die Hände gebunden. Nur in Ausnahmefällen kommen diese Möglichkeiten in Betracht:

a. Unfaires Verhandeln

Zunächst kann der Aufhebungsvertrag angreifbar sein, weil der Arbeitgeber soviel psychischen Druck ausgeübt hat, dass dadurch die Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers beeinträchtigt ist. Darauf berief sich auch der Kläger. Allerdings setzt das Bundesarbeitsgericht die Hürde ausgesprochen hoch. Bisher gingen die Richter nur in einem Fall von unfairem Verhandeln in diesem Sinne aus. Die Arbeitgeberin hatte eine kranke Arbeitnehmerin Zuhause besucht und zur Unterschrift gedrängt.

b. Anfechtung wegen Drohung oder Täuschung

Wurde der Arbeitnehmer bedroht, kann er den Vertrag ggf. anfechten. Die Drohung muss vor allem widerrechtlich sein. Insbesondere darf der Arbeitgeber mit einer Kündigung drohen, wenn ein Grund dafür zumindest plausibel scheint. Anders ist es, wenn jeder Kündigungsgrund fernliegend ist. Zudem muss die Anfechtungsfrist von einem Jahr beachtet werden.

c. Rücktritt

Vertragliche Rücktrittsmöglichkeiten wird der Arbeitgeber meist nicht zugestehen. Gesetzliche Rücktrittsgründe kommen in Betracht, wenn z.B. eine vereinbarte Abfindung nicht gezahlt wird. Ein weiterer Grund: Der Aufhebungsvertrag wird statt einer betriebsbedingten Kündigung geschlossen. Schon vor Ausscheiden des Arbeitnehmers verbessert sich aber die Unternehmenslage, sodass die Kündigung angreifbar wäre.


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