Arbeitsrecht:
"Das geknickte Zeugnis"
Für die Entscheidung
des Arbeitgebers über die Einladung zum Bewerbungsgespräch stellen
die Zeugnisse i.d.R. eine bedeutsame Beurteilungsgrundlage dar. Dies
erklärt, dass vermehrt auf Form und Inhalt von Zeugnissen
geachtet wird: Arbeitnehmer reklamieren häufiger die ihnen erteilten
Arbeitszeugnisse und machen gegen den Arbeitgeber tatsächliche oder
vermeintliche Berichtigungsansprüche, auch vor den Arbeitsgerichten,
geltend.
Der Anspruch des Arbeitnehmers auf Erteilung eines Arbeitszeugnisses bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich aus § 109 Gewerbeordnung (GewO).
Dieser lautet:
1) Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken.
(2) Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein. Es darf keine Merkmale oder Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder aus dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen.
(3) Die Erteilung des Zeugnisses in elektronischer Form ist ausgeschlossen.
Nicht selten wird über die Berichtigung des Zeugnisinhalts gestritten.
So hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) z.B. über den folgenden Fall zu entscheiden:
Der (ehemalige) Angestellte beanstandete, das Arbeitszeugnis sei ihm zweimal gefaltet in einem Geschäftsumschlag
üblicher Größe übersandt worden. Die Vorlage eines
solchen "geknickten" Zeugnisses bei der Stellensuche
vermittle den Eindruck beachtlicher Sorglosigkeit beim Umgang mit einem
derartigen Dokument und mindere demnach die Einstellungschancen.
Das BAG entschied wie folgt:
Die Befürchtungen des Arbeitnehmers wurden nicht geteilt. Die von dem Arbeitgeber
gewählte Versendungsart sei rechtlich nicht zu beanstanden. Entscheidend
wird in diesem Zusammenhang darauf abgehoben, dass den schriftlichen Bewerbungen
regelmäßig nur Zeugnisablichtungen beigefügt werden. Das
Originalzeugnis muss demnach kopierfähig sein. Sicherzustellen ist
hierbei, dass saubere und ordentliche Kopien gefertigt werden können. Das war in dem zu entscheidenden Fall gegeben. Die Klage wurde daher abgewiesen.
Neben der Form bedarf vor allem der Inhalt von Arbeitszeugnissen
der sorgfältigen Analyse. Den kritischsten Teil stellt hierbei der
Aussagewert der abgegebenen Leistungsbeurteilung dar, bei der zahlreiche
Fehlerquellen auftauchen können. Viel gerätselt und geschrieben
wird auch darüber, ob es für den Zeugnistext eine Geheimsprache
oder einen Geheimcode gibt. Wegen dieser oft schwierig zu beurteilenden
Gegebenheiten wird demnach häufig ein erheblicher Beratungsbedarf
beim Zeugnisempfänger bestehen.
Auch der Arbeitgeber sollte an der ordnungsgemäßen Ausstellung
eines Zeugnisses interessiert sein, weil ein Zeugnisberichtigungsverfahren
vor dem Arbeitsgericht mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden
sein dürfte.
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