Rechtsanwalt Tobias Ziegler Flurstraße 17, 40235 Düsseldorf
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Stromklau: Kündigung wegen Aufladens eines Elektro-Rollers im Büro unwirksam

Keine Bagatellkündigung bei langjährigem Mitarbeiter.

Das Arbeitsgericht Siegen erklärte die Kündigung eines Arbeitnehmers, der sich am Strom seines Arbeitsgebers bediente, für unwirksam. Der Schaden: 1,8 Ct.

Der Fall:

Ein Arbeitnehmer hatte seinen Elektro-Roller ("Selbstbalance-Roller") im Büro aufgeladen. Die Aufladezeit betrug ca. 90 Min. und der dem Arbeitgeber hierdurch entstandene Schaden wurde auf ca. 1,8 Cent beziffert.

Der 40-jährige Arbeitnehmer war seit 19 Jahren in der Firma beschäftigt ohne dass es nennenswerte Probleme gegeben haben soll. Aufgrund des Aufladevorfalls kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos ohne Vorwarnung.

Das Arbeitsgericht Siegen erklärte die Kündigung für unwirksam.

„Grundsätzlich stellt ein "Bedienen" an den Vermögenswerten des Arbeitgebers auch bei geringem Wert einen Kündigungsgrund dar“, erklärt Rechtsanwalt Tobias Ziegler aus Düsseldorf die Entscheidungsgründe.

Jedoch sei im vorliegenden Fall die Kündigung ungerechtfertigt, urteilte das Gericht. In der Vergangenheit, in der der Arbeitnehmer 19 Jahre in der Firma beschäftigt war, habe es weder Ermahnungen noch Abmahnungen gegeben.

Hintergrundwisssen:

Kündigungen wegen sogenannter Bagatellen haben offenbar Hochkonjunktur. Mit Maultaschen (ArbG Lörrach, Urteil v. 16.10.2009 - 4 Ca 248/09), Pfandbons (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.02.2009 - 7 Sa 2017/08 -) verzehrtem Brotaufstrich (LAG Hamm, Urteil v. 18.09.2009 - 13 SA 640/09 -) und mit vom Müll mitgenommenen Kinderreisebetten (ArbG Mannheim, Urteil v. 30.07.2009 - 15 Ca 278/08) beschäftigten sich in letzter Zeit deutsche Arbeitsgerichte.

In den Medien bekannt wurde der Fall der Kassiererin „Emmely“. Im Juni 2010 gab das Bundesarbeitsgericht (BAG) der Klägerin Recht und es erklärte die Kündigung für unwirksam. Die Begründung des BAG lautete auszugsweise wie folgt:

"Letztlich überwiegen angesichts der mit einer Kündigung verbundenen schwerwiegenden Einbußen die zu Gunsten der Klägerin in die Abwägung einzustellenden Gesichtspunkte. Dazu gehört insbesondere die über drei Jahrzehnte ohne rechtlich relevante Störungen verlaufene Beschäftigung, durch die sich die Klägerin ein hohes Maß an Vertrauen erwarb. Dieses Vertrauen konnte durch den in vieler Hinsicht atypischen und einmaligen Kündigungssachverhalt nicht vollständig zerstört werden.

Im Rahmen der Abwägung war auch auf die vergleichsweise geringfügige wirtschaftliche Schädigung der Beklagten Bedacht zu nehmen, so dass eine Abmahnung als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung angemessen und ausreichend gewesen wäre, um einen künftig wieder störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses zu bewirken."

Externer Link: Pressemitteilung vom 30.08.2010

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